Leipzig, April / Oktober / Dezember 2002
Atme, Theater, atme
Nach einem Blick auf die junge Tanz-Szene in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen im letztjährigen Oktober steht erstmals seit 1998 wieder schlicht „zeitgenössisches“ deutsches Theater im Mittelpunkt der MANöVER-Recherchen. Dabei wird es mehrere Termine über das Jahr verteilt in verschiedenen Leipziger Spielstätten geben.
April: Den Aufkleber „Theater muss sein“ würden wahrscheinlich weder das Theaterhaus Weimar an ihren Scirocco, noch das Theater M21 an ihre Büro-Computer-Monitore kleben. Weder hier noch da gibt es das Barmen um den Tariflohn und das Beharren auf eine überholte Kunstform. Frei formuliert nach Heiner Müller: „DAS THEATER ZU BENUTZEN, OHNE ES ZU KRITISIEREN IST VERRAT“. Bei „work is lounge is work“ mündet die offene Form von Stückentwicklung und Teamarbeit immerhin in einen Theaterabend – bei Janec Müller vom Theaterhaus Weimar und PRODUCT PLACEMENT wird diese Grund-verabredung zwischen Bühne und Auditorium mindestens in Frage gestellt.
Oktober 2002: Mit den Braunschweiger „unitedOFFproductions“ gastiert ein weiteres junges innovatives Projekt.
Seit jeher interessiert sich MANöVER für ein Theater, das sich als kollektiver Schaffensprozess versteht, das von den Erfahrungen und Weltsichten seiner Macher geprägt ist. Ein Theater, das seine Existenzberechtigung im 21. Jahrhundert hinterfragt – und die Bedeutung, die es für Publikum noch haben kann. Frei von Überlegungen zu Abonnement, Klassik und englischem Gegenwartsdrama – und weit mehr als „postdramatischer Schnickschnack“ oder die Regieanweisung „Spiel mir mal die Entfremdung des modernen Menschen!“ in „selbstgestrickten Projektchen“, wie der neue Chefdramaturg des Leipziger Schauspiels Michael Raab im Interview der Stadtillustrierten KREUZER bestimmte Formen zeitgenössischen Theaters zu charakterisieren versuchte.
Im Dezember schließlich ist das Theater bei MANöVER auf Reisen. Auf dem AUTOPUT nach Griechenland und Jugoslawien, in Gedanken auf das Dach von Amerika und – damit sich der Katastrophentourismus auch richtig lohnt – zum Schluss gar in das Wrack des russischen U-Bootes Kursk.
Ob es sich um eine Erforschung von Arbeits- oder Warenwelten handelt, das Leben als Clubsituation abgebildet wird oder darstellende Künstler auf Entdeckungsreisen gehen – MANöVER bezeugt auch in diesem Jahr, dass Theater auch spannend sein kann.
aus dem Vorwort des Programmheftes
Aufführungen
Theaterhaus Weimar: PRODUCT PLACEMENT
Theater M21, Göttingen: work is lounge is work
unitedOFFproductions, Braunschweig: replay 1.3.1 & DRIFT
Syn Athina, Athen / Büro für Off-Theater, Leipzig: AUTOPUT
Autoput, Hamburg: Ko to tamo peva
Hamster Damm, Berlin: Kurskbuch
Theater M21, Göttingen: synchron amerika
MANöVER lässt lesen
Sandra Miriam Schneider, Berlin: Die besten Fragen der Welt
Carsten Schneider, Berlin: Die schönsten Vögelstimmen Europas