Leipzig Dresden Chemnitz, 19. - 24. Oktober 2020
Unterschätzte Nachbarn
Schon die Anreise ist eine Herausforderung. Für die knapp 260 Kilometer von Dresden nach Wrocław braucht der Zug mindestens vier Stunden. Umsteigen obligatorisch, auf deutschem Boden betreibt eine private Eisenbahngesellschaft die Strecke. Ab Berlin ist das mit dem Euro-City nach Poznań, Warschau oder Gdańsk deutlich besser. Durchaus mit dem Resultat, dass zwischen Deutschland und Polen ein verstärkter kultureller Austausch in Gang gekommen ist, die beiden Länder etwas zusammengerückt sind.
Allerdings ist in den letzten Jahren für Kunst-schaffende das politische und gesellschaftliche Klima in Polen deutlich rauer geworden. Erfahrungsgemäß verändern sich unter solchen Bedingungen künstlerische Entwürfe, werden kleiner, etwas privater, gelegentlich experi-menteller, allegorischer. Was ihre Qualität in den besten Fällen schärft.
Nicht wenige Akteure haben in den letzten Jahren das Land verlassen, arbeiten aber häufig im Spagat zwischen neuer und alter Heimat.
Was also wäre dann die im Untertitel des Festivals angesprochene „Polnische Identität“? Am Ehesten eine grundsätzliche Offenheit, mündend in eine Weltbefragung mit einem Blick, der nicht nur nach Westen gerichtet ist. Der gerade jetzt die eigene Gesellschaft untersucht, hinsichtlich solch wichtiger Themen wie Freiheit und Selbstverwirklichung, Gleichberechtigung, Religion und – wichtiger noch – Teilhabe. Eine Neugier sozusagen auf starker kultureller Basis, verbunden mit (Selbst-)Erkenntnis und Emanzipation.
Trotz mehrerer Sichtungsreisen ist unsere Auswahl wie immer eine Momentaufnahme. Das Land ist groß, ebenso wie der künstlerische Output; wir hätten mit gutem Gewissen mehrere Festivals veranstalten können.
Natürlich beschäftigen sich nicht alle eingeladenen Arbeiten explizit mit Politik. Doch sie bilden mit verschiedenen Themen, mit verschiedensten künstlerischen Mitteln eine Bandbreite von Leben und Lebensentwürfen ab, die ermöglicht, viel über das heutige Polen erfahren zu können.
Off Europa bleibt ein spezielles Vorhaben, einem Theater von Autorinnen und Autoren, von Künstlerkollektiven verpflichtet. Auch in diesem Jahr wird es sich lohnen, unseren Gästen bei Ihrer Arbeit zuzusehen. Unserem Publikum in den drei sächsischen Großstädten wünschen wir dabei die größtmögliche nachbarschaftliche Neugier.
aus dem Vorwort des Programmheftes
Aufführungen
Rafał Dziemidok: Out of Season – Undancing Vivaldi
Agata Maszkiewicz: Polska
Paweł Sakowicz: Jumpcore
Karol Tymiński: This Is A Musical
Janek Turkowski: Margarete
Agata Maszkiewicz, Vincent Tirmarche, Christophe Demarthe: Taki pejzaż
Ausgefallene Aufführungen
Grupa Coincidentia, Lehmann und Wenzel, Wilde & Vogel: Kukułka -> 2022
Wojtek Ziemilski: Essence of Poland -> ersatzlos
Grupa Wokół Centrum: Dobre wychowanie -> ersatzlos
Renata Piotrowska-Auffret & Guests The pure gold is seeping out of me -> 2021
Iwona Olszowska + Paweł Konior: Ewa i On -> ersatzlos
Dariusz Nowak + Dor Mamalia: into me, see -> ersatzlos
Vortrag
Dr. Anna R. Burzyńska: Mapping a Landscape of Polish Theatre
Filme
Piotr Stasik Opera o Polsce – Opera about Poland
Grzegorz Brzozowski Obcy na mojej kanapie – A Stranger on my Couch
Michał Marczak Wszystkie nieprzespane noce – All These Sleepless Nights
Pawel Pawlikowski Ida
Dorota Kobiela, Hugh Welchman Loving Vincent
Jan Komasa Boże Ciało – Corpus Christi
Ausgefallene Filme
Alexandra Wesolowski Impreza – Das Fest
Jaśmina Wójcik Symfonia Fabryki Ursus – The Symphony of the Ursus Factory
Ausgefallene Konzerte
Slawische Nacht + Konzert Wowakin -> 2021
Sutari