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Off Europa: Heimat Landschaften

Heimatlandschaften oder Von einer Diversität der Betrachtung

Im Jahr 2004, als Off Europa noch MANöVER hieß, gab es mit »Deutsche Schule« zum letzten Mal eine Ausgabe, die explizit Theaterarbeiten gewidmet war, die in Deutschland entstanden sind. Auch wenn es in diesmal – im Zusammenhang mit der Thematik des Festivals – einige wenige internationale Gastspiele geben wird, haben wir diese Spur für die Recherchen zu »Off Europa: Heimat Landschaften« wieder aufgenommen. Zwischen 14. und 21. Mai 2023 werden wir in 14 (!) verschiedenen Spielstätten in Leipzig, Dresden und Chemnitz zeitgenössisches Theater und Tanz, Performances und Filme präsentieren, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema „Heimat“ beschäftigen. Das kann der eigene Körper sein, kann der Ort, das Land sein, wo man aufgewachsen und oder wo man angekommen ist, die Situation in der man lebt und oder arbeitet, kann „Wohlfühlen“ oder „fremd sein“ bedeuten. Ein Festivaljahrgang, der unterschiedliche Arbeitsweisen, verschiedene Herkünfte, mehrere Generationen von Theatermacher:innen in einem Programm vereint.

Als unser Festivalthema erstmals in größerer Runde diskutiert wurde, fielen Bemerkungen wie Nabelschau und Heimattümelei. Dabei war von Anfang an klar, dass es gerade bei solch einem Thema, wo man vermeint, alles schon erzählt bekommen zu haben, um viele verschiedene Blickwinkel gehen muss. Da gibt es Stadt und Land, immer noch Ost und West (wie auch Nord und Süd), Positionen von jüngeren und älteren Theaterschaffenden; und natürlich gibt es Theaterarbeiten von hier geborenen und hierher gekommenen Künstlerinnen und Künstlern.
Die Hauptimpulse zu „Heimat Landschaften“ gaben uns der türkische Ausnahmeperformer Çağlar Yiğitoğulları, 2012 Gast von „Off Europa: Türkei urban“, der seit 2017 aus politischen Gründen in Deutschland lebt und arbeitet und der in Hamburg geborene (und in Russland zum Regisseur ausgebildete) Georg Genoux, der seit Mai 2022 mit dem Thespis Zentrum in Bautzen eine besondere Spielstätte leitet.


Die Geschichten dieser beiden Künstler bilden sozusagen das Rückgrat einer Woche mit größeren und kleineren, in jedem Fall Ernst gemeinten subjektiven Betrachtungen und Erzählungen, die wunderbar vielfältige Blicke auf die Gegenwart ermöglichen.

Nach langjähriger Fokussierung auf einzelne Länder sind thematische Recherchen für Off Europa neues Terrain. Eine Arbeitsweise, die durchaus üblich ist für Theaterhäuser (Ensembles, Festivals), um zu spiegeln, was sie interessiert und oder umgibt. Im besten Fall unabhängig davon, welche Themenfelder, welches Jahresmotto große Fördereinrichtungen ausrufen. Die damit durchaus für eine Art Einfalt in der Vielfalt sorgen, sehr oft mündend in vorhersehbare Arbeiten und Diskurse, weil der Blickwinkel eines Projektes schon im Förderantrag eingeschrieben ist, anstatt in Reibung und Ergänzung zwischen künstlerischer Position und Publikum zu entstehen.

„Zu Hause ist da, wo es weh tut.“ So der Titel einer Prager Uraufführung, letztes Jahr im Herbst. Und auch in unserem Programm lässt sich der eine oder andere schmerzvolle Moment erleben. Interessant ist die Beschäftigung mit besonderen Menschen, mit den Zeitläufen im eigenen Umfeld, mit Vergangenheit und Gegenwart auf jeden Fall.
Wir freuen uns auf Ihr Interesse.

PS: Das Societaetstheater bleibt entgegen ursprünglichen Planungen im Mai noch geschlossen, so dass das Programm von Off Europa in Dresden aus weniger Veranstaltungen als vorgesehen bestehen wird. Wir wünschen dem Theater eine baldige, erfolgreiche Wiedereröffnung.

Knut Geißler
Künstlerischer Leiter