Sein Fokus liegt auf östlichen Mitteleuropa sowie auf Südosteuropa. Dort gibt es spannendes Tanz- und Szenetheater. Der Leipziger Autor und Regisseur Knut Geißler veranstaltet seit 1992 jenes Tanztheaterfestival, das seit 2005 „Off Europa“ heißt. Im L-IZ-Interview erzählt er wie sein Blick auf Albanien und Kosovo fiel und was er dort vorfand.
„Off Europa“ steht bald ins Haus mit einem Blick auf Albanien und Kosovo. Warum diese beiden Länder?
Knut Geißler: Prinzipiell gibt es sehr viele Länder, die mich brennend interessieren. Weil man im Normalfall wenig über sie erfährt. Da gerät logischerweise irgendwann auch Albanien in den Blick. Andererseits: Was Theater und Tanz betrifft, versuche ich früher da zu sein als die großen Veranstalter, die Künstler immer erst einladen wenn sie „geprüft“ sind und Erfolg versprechen. Ich prüfe lieber selbst. Im nächsten Jahr werde ich mit der Türkei zum ersten Mal einem aktuellen Hype hinterher recherchieren. Aber auch das wird interessant. Dann findet man die Dinge unter den Oberflächen. Politisch brisant wäre im Moment wohl Ungarn. Aber man kann sich nicht zerreißen.
Gibt es Unterschiede zu den anderen Staaten, die schon thematisch bei „Off Europa“ auftauchten?
Knut Geißler: Albanien und vor allem das Kosovo sind noch mehr „abgetrennt“ vom restlichen Europa als zum Beispiel Bosnien oder Serbien. Eine Folge der besonders extremen Auslegung des Sozialismus in Albanien und der letztlich „künstlichen“ Einbettung eines überwiegend von Albanern besiedelten Landstriches in die südslawische Föderation. Allein wenn man das so betrachtet ist die Loslösung und Unabhängigkeit des Kosovo folgerichtig. Genauso wie das Ausschließen einer albanischen Wiedervereinigung Unsinn ist.
Wie schätzt Du die (Tanz)-Theaterszene in Albanien und Kosovo persönlich ein – gibt es dort Entwicklungen, die neu oder anders sind als die im übrigen Europa?
Knut Geißler: Mich langweilt diese ständige Gier nach Erneuerung. Mich interessiert eher Vertiefung, das genauere Hinsehen. Und da gefällt mir die Gelassenheit, mit der man fast überall in Süd-Ost-Europa eigene Wege geht. Nichts unbedingt Neues erfindet, aber eben auch nicht jedem Trend hinterher hechelt.
Die Fragen stellte Daniel Thalheim.