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Theater Mahagoni / BfOT: Houellebecq Schwanz Denken (2000)

Uraufführung in Hildesheim, Theaterhaus, 18. April 2000

Der Ich-Erzähler ist einer dieser Gutangezogenen in einem Beruf mit viel Gerede, aber ohne Kommunikation. Manchmal wird sein Alltag von Unwesentlichem unterbrochen – von einer Dienstreise, einem Abend in der Disco, einem gleichgültigen Hassgefühl. So einfach ist das. „Das Lebenziel ist verfehlt. Es ist zwei Uhr nachmittags“, lautet der letzte Satz der Aufzeichnungen. „Ausweitung der Kampfzone“ ist ein „Clockwork Orange“ der Spätneunziger, ist ein Sarah-Kane-Theaterstück ohne Vorhang, ist unvergesslich furchtbar: keine Erklärung, keine Schuldzuweisung, bloß eine genaue Beschreibung der Einsamkeit. So einfach ist das. Bettlektüre für Schröder.
 zitty, Berlin über „Ausweitung der Kampfzone“

Ein Buch, das muss man hier vorlesen, ich bin gegen das Vorlesen aus Büchern: „Dieses Buch ist dem Menschen gewidmet“ – das ist schlechte Literatur.
 Marcel Reich Ranicki über „Elementarteilchen“

Presse
Vielleicht muss man noch tiefer in die Provinz dringen (vorher wurde „Elementarteilchen“ an der Volksbühne Berlin und „Ausweitung der Kampfzone“ in Hannover besprochen, der Red.), um mehr als Buchillustrationen oder schale Witzrevuen zum Thema Houellebecq zu finden. Schwanz Denken – das verspricht zumindest eine These. Monsieur, mal ehrlich, haben Sie Ihre Bücher mit dem Schwanz geschrieben? Diese Frage wird dem Franzosen nicht gestellt. Aber sein legendäres Spiegel-Gespräch mit Bret Easton Ellis, in dem beide Autoren über ihre sexuellen Erfahrungen mit Europäerinnen fachsimpeln, taucht in der Leipziger Werkhalle an Bistrotischen wieder auf. Während die beiden literarischen Skandale Kette rauchen, wird der plötzlich obszöne Zungenschlag von „Miechell Uällebeck“ geprobt, das Palaver um die katholischen, kleinen Irländerinnen mit der wüstesten Folterszene aus „American Psycho“ kontrastiert. (…) Ob „Kampfzone“ oder „Elementarteilchen“ – es ist ja einerlei. Das Leidmotiv: beredte Einsamkeit. Ein Dialog, wenn zwei beisammen sitzen und nur einer spricht. Ein Selbstgespräch, wenn einer sich solange selber ins Gesicht schlägt, bis er blutet. (…) Am Schluss leuchtet das Gesicht von Michel blass, verzerrt und totenschädelhaft von der Leinwand. Es kündet zwar von der Verteilung lustgenerierender Krause-Endkolben über den gesamten Körper des neuen Menschen, doch man hat sich längst in die Gerontokratie gespielt. Ein früh vergreister Schwanzdenker: Dies ist zwar nicht die schönste, doch die präziseste Standortbestimmung Houellebecqs auf dem Theater.
 Eva Behrendt, Theater heute

Das von Joachim von Burchard fragmentarisch in 21 Sequenzen inszenierte Stück hat wenig erzählerischen Charakter, sondern überlässt es dem Zuschauer selbst, sich aus dem Angebot eine eigene Geschichte zusammenzustellen.
In seinem Interview sagt Michel Houellebecq: „Ja, weil die Frage ja sowieso kommen wird, ich denke, man kann uns Moralisten nennen.“ Genau genommen besteht die Moral der Akteure darin, einer Welt aus Sex und Gewalt gerecht zu werden. Nicht, weil sie diese Vorstellungen gut heissen oder aus ihr Vorteile ziehen, sondern um den Willen einer paradoxerweise als moralische Norm gesetzte Unmoral.
Das Publikum und die Schauspieler wirken am Ende wie erstarrt. Nicht, weil das Stück nicht sehenswert wäre.
 Hildesheimer Allgemeine Zeitung

Darsteller Imme Beccard, Knut Geißler, Roman Keller, Erich van Leeuwen, Jürgen Salzmann

Kostüme Elena Neuthinger
Inszenierung: Joachim von Burchard

Produktion von Theater Mahagoni, Hildesheim + Büro für Off-Theater, Leipzig
Gefördert von Land Niedersachsen, Stadt Hildesheim, Friedrich Weinhagen Stiftung, Kulturamt Leipzig und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen

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Künstlerischer Leiter: Knut Geißler

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